Lernen und genießen

Mein Eindruck vom einem Seminar-Besuch im Bereich “Bildende Kunst” an der Akademie Faber-Castell.
Eines vorweg: Dieser Beitrag könnte als Werbung aufgefasst werden, ist aber gänzlich unbezahlt und in keinster Weise mit dem beschriebenen Anbieter abgesprochen.

Schon länger hatte ich das Bedürfnis einen Workshop zu besuchen. Mal was (mehr oder weniger) Neues ausprobieren, aber nicht wie sonst allein und mit Try and Error, sondern am Besten mit Anleitung. Das ist hier im direkten Umkreis nicht so ganz einfach, vieles bekomme ich erst zu spät mit und oft sind es auch nur drei maximal vier Stunden, die angeboten werden. Mir war aber nach mehr. Mehr Zeit wenn ich schon in ein für mich neues Thema schnuppere.
Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.
– Picasso
Durch Zufall hatte ich einen Presse-Bericht zum Thema Schreibwaren und Verkaufszahlen zum Schulanfang gelesen. Dabei wurden die deutschen Hersteller vorgestellt mit den letzten Zahlen und was eben so geboten wird. Nach Stabilo, Staedtler und Co. kam Faber-Castell. Soweit so klar. Doch der letzte Absatz ließ mich aufhorchen (wenn man das beim Lesen eines Berichtes überhaupt so sagen kann):
“Die Akademie Faber-Castell wird nach 30 Jahren geschlossen, noch bis Ende 2026 gibt es dort Studium und Kurse.“
Tja, da war er, der Gedanke an eine Fortbildung und die Erinnerung an den Besuch im Werk von Faber-Castell, damals bei den Artists Days 2018. Und den kleinen Traum einmal dort einen Lehrgang zu besuchen!
Und das ist auch gar nicht schwer: Webseite der Akademie aufrufen, dort ein interessantes Seminar aus dem Kalender unter „Bildende Kunst“ aussuchen, anmelden und abwarten.
Das war bei mir gar nicht so lange, weil ich mich für einen zeitlich nahen Kurs entschieden hatte:

Der farbige Linolschnitt mit verlorener Platte
Drei Tage in Stein um von morgens bis abends in einer Gruppe zu schnitzen und zu drucken.
Dies unter der Anleitung von Dozent Stephan Schwarzmann. Er ist Künstler aus Fürth und arbeitet künstlerisch mit unter anderem mit großformatigen Linol- und Stempeldrucken (sogenannte Big Prints) und baut Murmelbahnen.

Was ist die Verlorene Platte?
Bei Reduktionsdruck wird mit mehreren Farbschichten nach- und übereinander gearbeitet.
Nach jedem Farbabzug wird weiteres Linoleum aus der Druckform geschnitten für die nächste Farbe. Zum Schluss hat man nur noch die Formen des letzten Farbabzugs auf der Linolplatte – diese ist damit “verloren”.
Ein weiterer Nachdruck des Motivs ist nicht möglich.

Warum Linoldruck?
Schon lange interessiere ich mich für diese Drucktechnik. Das hat mehrere Gründe und dazu hole ich (auch zeitlich) weiter aus. Vor etwa 25 Jahren hatte ich im Fachabitur die Gelegenheit ein halbes Jahr lang in der schuleigenen Druckerei zu lernen. Neben Handsatz, Klebeumbruch und Fotosatz ging es später am PC um Layouts in PageMaker (der Vorgänger von Adobe InDesign). Man könnte sagen dort wurde damals der Grundstein für meine spätere Ausbildung zur Mediengestalterin gelegt. Der Lehrer war passionierter Drucker mit seinem ganzen Körper. Und so durfte damals auch der Linolschnitt nicht fehlen. Ein Motiv von Escher war damals die Vorgabe und mein Ergebnis hab ich vor kurzem wieder gefunden.
Meine persönlichen Ziele
Die Reduzierung meiner Detailverliebtheit auf (erst mal) einfachere Motive lernen –wie ich es schon in der Buchrezension zu „Stempel selber machen“ erwähnt hatte. Auch mit wenig viel zu erreichen, Unperfektheit zulassen und lieben lernen.
Zum anderen mag ich den Gedanken mit einem Werk eine kleine Auflage produzieren zu können, trotzdem sind alles Unikate.
Ich möchte diese kleinen Editionen in Zukunft verkaufen. Zum einen, die ganz kleinen, in meinem (zukünftigen) Kunstautomat. Hier soll es „Kleine Kunst für kleines Geld“ geben. Trotzdem muss ich für mich selbst irgendwie „wirtschaftlich“ angehen. Ein 5×9 cm Unikat für (vorerst) 3,- Euro Einwurf. Das kann kein gezeichnetes Tuschebild mit unendlichen Schraffuren sein an dem ich mitunter mehrere Stunden sitze. Nicht, dass auch ein Linolschnitt und der Abzug Stunden in Anspruch nehmen würden. Allerdings bietet es die Möglichkeit zumindest eine kleine, nummerierte Auflage zu drucken.
Bisher habe ich das nur ein paar mal mit Linol versucht, scheiterte aber an dem Thema Farbmenge, an Zeit und Geduld. Mit einem Drei-Tages-Seminar wollte ich genau das ausmerzen.
Was ist Linoleum?
Die Platten für Bodenbeläge oder Druckplatten bestehen aus einem Gemisch aus Leinöl, Harzen, Kork- und Holzmehl auf einem Jutegewebe als Träger.
Übrigens gibt es weltweit nur noch vier Werke die Linoleum herstellen (Quelle Wikipedia).
Nun auf zum Seminar in der Akademie Faber-Castell
Am Freitag ging es früh zuhause los um pünktlich um 10 Uhr im „Werk 3“ an der Rednitz zu sein. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde im Druckraum begann auch schon das Werken. Jede Teilnehmerin (ja, alle sieben waren wir Frauen, vier angereiste und drei Studentinnen der Akademie) nahm sich eine Linolplatte, Schnittwerkzeug und begann mit ganz unterschiedlichen Motiven. Erst eine Skizze machen, am besten mit Farben versehen, und dann die Skizze auf die Linolplatte übertragen. Ein passendes Messer aussuchen und die ersten Furchen ziehen. Klingt einfach und war es irgendwie auch.
Bei der Drucktechnik mit „verlorener Druckplatte“ geht es darum mit immer der gleichen Lino-Platte mehrere Farbschichten übereinander zu drucken bis man ein mehrfarbiges Bild erhält. Deswegen ist es auch sinnvoll eine Farb-Skizze vorab zu machen. Es erleichtert dir Orientierung beim Schnitzen. Zumindest für mich!


Das Übertragen auf die Linolplatte kann auf verschiedene Weisen gemacht werden. Ich hatte beim ersten Motiv mit Bleistift vorgezeichnet und mit schwarzem Marker die wichtigen Linien nachgezogen. Leider hat sich dieser schon nach einigen Farbabzügen gelöst und tauchte damit auch in den Drucken auf. Damit waren meine später gedruckten Outlines schon viel früher sichtbar als geplant…











Der Bleistiftstrich verschwindet beim Waschen der Platten nach dem Drucken schnell, so dass er nicht gut geeignet ist für die Vorzeichnung auf dem Linol. Gut gehalten haben hingegen die Linien vom blauen Transferpapier.

Im Druckraum der Akademie steht eine mechanische Druckpresse mit großem, beweglichen Drucktisch. Leider wollte das Handling mit der Druckpresse nicht bei allen immer gut funktionieren. Damit begann schon am Freitag Mittag das Trouble Shooting, was am Samstag gelöst wurde durch eine Handhebelpresse, die Stephan aus seinem Atelier mitbrachte.













Ich habe jeden Tag ein Motiv geschafft. Am Freitag die Sonnenblume mit drei Farben und Schwarz für die Outlines, am Samstag das Hochformat angelehnt an die Geschichte „Momo“ von Michael Ende mit vier und fünf Farben, am Sonntag ein „Wal im Himmel“ mit nur drei Farben.








Big Prints
Ein Thema für den Sonntag für alle Interessierten. Große Flächen mit großen Stempeln und Druckmotiven gestalten. Für mich war es spannend genug Caro und Bianca dabei zu zuschauen, wie sie auf Tischgroßen Papieren Farbe und Stempel verteilen.






An den beiden Abenden ging es für mich und die drei Teilnehmerinnen Anna, Bianca und Caro zum Essen in Stein. Natürlich gab es auch Gutes zu trinken und es wurde viel geschwätzt.
Was daran für mich so besonders entspannend war: In den Gesprächen ging es vor allem ums Tun, ums Schaffen und um Kunst. Kein Insta oder anderes Social Media, kein wildes Netzwerken für Follows und Likes. War das schön!
Kunst ist zwar nicht das Brot, aber wohl der Wein des Lebens.
– Jean Paul









To Do’s nun auf meiner Liste:
Platz schaffen! Ich will weiter Schnitzen – ob nun für Linodrucke oder kleine Stempel. Durch den Kurs habe ich immerhin nun ein „Zeitliches Konzept“ wie das in unserer kleinen Bude klappen kann.
Lernen wie man das Schnitzwerkzeug wieder schärft. Denn nicht alle meine Klingen sind richtig scharf. Den Unterschied habe ich während des Lehrgangs gemerkt. Dass ein paar meiner Stempel-Versuche nicht gelingen wollten, könnte durchaus gut damit zusammen hängen.
Mehr über Drucktechnik wieder aus dem hintersten Eckchen der Erinnerungen holen
Wie funktioniert die verlorene Druckplatte (auch Reduktionsdruck oder Eliminationsdruck) im Gegensatz zum Einplattendruck?
Wie bekommt man sicher einen Mehrplattendruck drin?
Ist Puzzle-Druck – im englischen Jigsaw Print – vielleicht eher was für mich?
Wie bekomme ich den Handabzug bzw. Reibedruck besser hin oder wird es doch schon Zeit für eine Handhebelpresse?

Alternativen zu Linoleum-Druck sind übrigens:
- Styreneplatten aus dem Modellbau
- Easy-Print-Druckplatte: Moosgummi auf einem Graukarton oder auch einfach Moosgummi auf einen Karton geklebt
- Der Holzschnitt – das stelle ich mir allerdings anstrengend vor…
- Und kennst Du eigentlich noch den Kartoffeldruck?


Rund um Faber-Castell
Zum Essen waren wir einmal in der Mensa von Faber-Castell im Historismus Schloß. Eine Führung dort steht auch noch auf meiner Wunschliste.
Um auf dem Weg zurück in die Akademie haben wir doch einen schnellen Blick in den Shop geworfen. Ein Glück habe ich an sich schon alles was ich brauche und so wurde es nur eine Handvoll Buntstifte… und die Info: Zum Jahresende kommen 20 neue Farben zum Sortiment der Polychromo <3
Meine kleinen Learnings aus dem Seminar
Geduld
Egal ob beim Schnitzen –Hoppla, das sollte doch gar nicht….–
beim Farbauftrag –Huch, schon wieder zu viel Farbe…– / –Ups, noch gar nicht ganz trocken…–
oder beim Positionieren des Drucks –Mist, schon wieder ein Mü daneben–
Bisschen mehr Zeit lassen und Konzentration. Und gleichzeitig das Unperfekte zulassen!
Verrückt, schon am zweiten Tag konnte ich Papier einfach zurecht reißen anstatt es fein säuberlich auszumessen und zu schneiden…
Ausprobieren
Mal das Ziel nicht so sehr im Auge haben, sondern sich von Ergebnissen überraschen lassen.
Planung
Zumindest bei einem mehrfarbigen Motiv. Welche Farbe soll wo hin, in welcher Reihenfolge wird gedruckt und demnach was wann geschnitzt. Das muss nicht mal perfekt gemalt sein, einfach grobe Farbflächen verdeutlichen das gut und sind ein Anhalt um nicht durcheinander zu kommen.
Surround yourself with people and things that inspire you. Learn everything you can. – Jameela Jamil
Umgib dich mit Menschen, die dich inspirieren. Lerne von ihnen so viel du kannst.
Umgib Dich mit Menschen,… die ähnliche Dinge lernen, ausprobieren, wissen wollen und schau ihnen zu, rede mit ihnen, auch über ganz andere Dinge!
In diesem Sinne zwei Dinge:
Dankeschön an Caro, Anna und Bianca für die Abendunterhaltung und dass ich Euch fotografisch ein wenig begleiten durfte. Stephan ein herzliches Danke für die “Künstlerische Freiheit” und das (minimale) Loslassen meiner Perfektion.
Und für Dich den Tipp: Mach das doch auch mal!
Apropos – im letzten Beitrag zum Inktober hatte ich überlegt ob dieses Seminar für mich der Anstoss zur Oktober-Challenge sein könnte.
So viel sei verraten: ich habe einen großen Pack kleine Radiergummis gekauft – und bin gespannt ob ich damit über 31 Tage komme.
