Die aktuellen Geschehnisse rund um Influencer, Blogger, Werbekennzeichnung, Abmahnungen und einer Panikmache, die der zur DSGVO in sozialen Plattformen in nichts nachsteht, lassen mich als Blogger wie auch als Nutzer der sozialen Netzwerke nicht ganz unberührt. Nein, es beschäftigt mich so sehr, dass ich keinen der angefangen drei Artikel fertig stellen kann, weil dieser hier für “Blog mal drüber nach” erst geschrieben sein muss.
Es folgt mein persönlicher Gedankengang zum Thema [Werbung]
Erst einmal: Was ist Werbung?
Die Anstrengungen um ein Produkt, eine Dienstleistung oder auch ein ganzes Unternehmen bekannt zu machen, in ein positives Licht zur rücken und damit den Absatz zu steigern. Ganz grob ausgedrückt: Beeinflussung von potenziellen Kunden. Klingt platt, ist es auch.
Wie war es bisher zu handhaben mit Werbekennzeichnung:
Klar vom redaktionellen Inhalt getrennt.
Klar gekennzeichnet (für Blogartikel wurde von den Landesmedienanstalten empfohlen „Klar in direkter Nähe zum Titel“).
Immer dann wenn eine Kooperation zustande kam, wenn dafür gezahlt oder eine geldwerte Gegenleistung erbracht wurde.
Immer wenn das Produkt klar in den Mittelpunkt rückt.
Bei Produktzusendungen (PR Sample) oder Rezensionen.
Was ist Schleichwerbung?
Werbung ohne Kennzeichnung.
Keine Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung > Verschleierung.
Produkt wird „werblich herausgestellt“ und nur positiv beworben ≠ Sachlich neutral.
Damit Ihr seht wie viel ich bisher eine solche –für mich „echte“- Werbung gemacht habe, hier eine kleine Liste (Stand 07/2018 seit 2012):
- PR-Samples ohne weitere Vorgaben –– 8
- PR-Samples mit Vorgaben –– 1
- PR-Veranstaltung mit Vorgaben –– 0
- PR-Veranstaltung ohne Vorgaben –– 2
- Buchrezensionen mit Vorgaben –– 1
- Buchrezensionen ohne Vorgaben –– 3
- Bezahlte Werbung –– 0
Ich denke, es ist recht ersichtlich, Geld habe ich bisher mit Werbung keines verdient. Es liegt auch nicht in meinem Sinne, so nutze ich z.B. auch keinerlei Afiliate-Programme. Jeder Link in meinem Blog führt Euch nur zu weiteren Informationen, in der Regel zum Hersteller und nicht zu irgendwelchen Vertriebsstellen. Ich stehe voll und ganz hinter #supportyourlocaldealer
Natürlich finde ich es charmant, wenn mir PR Samples zum testen und vorstellen geschickt werden. Mir wird Vertrauen entgegen gebracht, das Produkt auch einschätzen zu können. Es schmeichelt meinem Blogger-Herz. Meinem Künstler-Herz noch viel mehr.
Doch nun kommt der Haken.
Mit den neusten Gerichtsurteilen, wenn auch alles Einzelfallentscheidungen aus dem Bereich Wettbewerbsrecht, ist es wohl nötig mich als geschäftlich handelnden Blogger anzusehen – auch wenn es sich hier um mein Hobby handelt. Denn die ersten Gerichte sehen es nun so, dass „Wer einmal wirbt, wirbt immer“. Mit den bisherigen Beiträge mit werblichem Einschlag, wenn auch nicht vergütet, machen mich vielleicht in deren Augen zu einem Influencer.
Influ-watt? Ja, so müssten es an sich Gerichte sagen, denn für die gibt es diesen “Beruf” oder Werbemanagement-Zweig so nicht. Entsprechend gibt es dazu auch keine klaren Regeln. Es ist also auch rechtlich völlig irrelevant ob man sich so nennt, wie groß oder klein die Reichweite ist. Aber doch hat man ja wahrscheinlich irgendwann die Entscheidung getroffen eben ein solches Marketing-Instrument zu werden und stellt seine Inhalte entsprechend dar. Lachen musste ich allerdings, als ich auf einer Blogger-Netzwerk-Webseite laß: “wir vernetzen tausende Blogger – sowie Instagrammer/kurz Influencer – …” was ja vermittelt: Wer Instagram nutzt ist gleich Influencer? Really?
Zurück zu mir: Wenn ich als solcher zu betrachten bin, müsste ich ergo rückwirkend alle Beiträge kennzeichnen, die in irgendeiner Form mit einem erhaltenen PR Sample zu tun haben. Da ich gerade Stifte und Papier weiter verwende, tauchen sie natürlich auch immer wieder auf… Andere Beiträge könnten als „Werbung für mich selbst“ (als Blogger der Produkte vorstellt) angesehen werden. Es ist ein bisschen ein Fass ohne Boden.
Im ersten Moment dachte ich „Boah sind die bekloppt!“
Dann begann ich mich in verschiedenste Texte zum Thema einzulesen, das eine Gerichtsurteil eingeschlossen. Nun könnte man natürlich meinen, die Richter sind mit der Materie Social Media nicht ganz so gut bekannt wie die meisten Blogger, die nunmal täglich damit zu tun haben. Vernetzten, verlinken – das gehört doch dazu!
Doch dann kam auch ein Gefühl wieder hoch, dass mich selbst immer wieder mal überrennt: Werbung im Übermaß nervt! Werbung im Übermaß triggert. Und so mancher Kanal strotzt nur so vor Kooperationen, Gutschein-Codes und Hinweisen auf PR Samples. Nun, sie müssen ja auch gekennzeichnet werden. Und sicher muss der jeweilige Blogger/Instagramer/Influencer/whatever auch seine Vorgaben erfüllen und das Produkt oft genug in den Mittelpunkt stellen. Nur als Beiwerk könnte man im Übrigen Schleichwerbung unterstellen… und wahrscheinlich triggert die uns alle ja noch viel mehr.
Doch wer kennt sie nicht, die fein arrangierten Bilder vom Bullet Journal auf der Decke des schwedischen Möbelhauses mit der Tasse vom Amerikansichen Kaffeevertrieb mit etwas Deko von xy, einem Blümelein abc und natürlich, nicht zu vergessen, noch schnell die Hand mit der schicken Armbanduhr. Alles schön verlinkt zu den jeweiligen Firmen.
Also ja, mich -selbst in der Werbung tätig- nervt Werbung! Es gesellen sich nämlich zu denen von den Sozialen Netzwerken eingestreuten Anzeigen (bei Facebook die vorgeschlagenen Beiträge, bei Instagram „Gesponsort“, also die wirklich bezahlten) noch die von Leuten deren Inhalte mich eigentlich interessieren. Eigentlich. Nur ist eben nicht mehr jeder fünfte eingestreute Beitrag eine Werbung, denn plötzlich betitelt fast jeder seine Posts damit weil er Angst hat in Zukunft dafür abgemahnt zu werden.
In meiner Instagram-Bubble* ist der Anteil von Leuten, die Produkte zeigen (egal ob nun als PR Sample oder völlig ohne Werbeabsicht) recht groß. Sie sind das Werkzeug aus den Letterings, Illustrationen und DIYs entstehen. Schmückendes Beiwerk, Material für schöne Flat Lays oder einfach das nötige Material – und es hatte sich über die Zeit so eingebürgert, diese eben mit Herstellern direkt zu verlinken. Für mich persönlich erst einmal der (Service-)Hinweis, was es überhaupt für ein Produkt ist, der mir schon oft Nachfragen erspart hat. Doch nun gilt auch dies als [Werbung] und muss als solche gekennzeichnet werden, denn auch diese Verlinkungen können eine Förderung des Gewerbes sein.
Ein solcher Beitrag beginnt nun also immer mit diesem Wort [Werbung] und sehr häufig geht es weiter mit „unbezahlt“, „selbstgekauft“, „unbeauftragt“,… womit derjenige klar machen will „Nee dafür hab ich nix bekommen, aber ich muss das ja so schreiben“. Klingt irrsinnig, ist aber so.
Klar wird das, wenn man nun aus Markensicht denkt. Die machen nämlich oft wirklich selbst Werbung (ja doch, machen sie!) oder bezahlen Firmen, Agenturen oder auch Influencer dafür, dass diese welche machen. Verlinkt werden sie aber von „Hinz und Kunz“. Und auch „Hinz und Kunz“ müssen es nun Werbung nennen. Es besteht also eine gewisse Verwechslungsgefahr. Eine Differenzierung wird fast unmöglich und die Transparenz geht verloren. Dabei war es eben genau diese, die durch die Kennzeichnung erreicht werden soll. Oder nicht?
Das Ding ist…
Bisher gibt es verschiedene Einzelfallentscheidungen. Bisher urteilt jedes Gericht etwas anders. Bisher gibt es keinen Leitfaden wie man vor allem auf Sozialen Plattformen kennzeichnen muss.
Fazit für mich:
An sich habe ich diesen Blog begonnen um meine Bilder zu zeigen. Um zu zeigen, wie man arbeiten kann, das jeder es versuchen sollte, um kleine oder große Tipps zu geben, Ansporn zu sein oder Inspirationsquelle. Ich wollte nie wirklich Werbung machen.
Mir war zwar klar, dass ich Produkte zeige oder auch konkret vorstelle, aber dass ich damit andere beeinflusse genau dieses Produkt kaufen zu müssen… Nein, das war noch nie mein Ansinnen!
Heißt nun: Ich markiere keine Hersteller mehr, ich nenne auch Produkte nicht mehr klar (aus “Produktname von Hersteller” wird „allgemeine Produktbezeichnung“) und stelle sie nicht weiter heraus. Ähnliche wie bei Stock-Fotos werde ich versuchen die Bilder so zu machen, dass keine Label und Logos zu erkennen sind. Ich werde auch sämtliche bisher erschienen Artikel dahingehend überarbeiten, was allerdings sicher seine Zeit brauchen wird.
Doch ich möchte weiterhin Produkte vorstellen oder mehrere vergleichen, meine eigene Meinung oder Empfehlung aussprechen. Sachlich neutral zeigen wofür etwas gut ist oder eben auch nicht, welche Fehler man machen kann, oder auch Negativpunkte eines Produktes nennen. Nichts anderes. Ihr werdet dann ein [Werbung | PR Sample] oder [Werbung | ohne Auftrag] vor dem Beitrag sehen.
Ich möchte transparent und möglichst erklärend markieren, daher wird es folgende Kennzeichnungen geben:
[Werbung] Kooperationen bei denen ich beauftragt und bezahlt wurde diesen Artikel zu schreiben. (Vielleicht passiert das ja wirklich irgendwann einmal?!)
[Werbung | PR Sample / PR Veranstaltung / Rezension] Für diese Beiträge wurde ich nicht bezahlt. Die Artikel wurden mir zur Verfügung gestellt / ich wurde zu einer Veranstaltung eingeladen und es hat mir so gut gefallen, dass ich darüber berichten möchte und zwar neutral mit allen Plus- und Minuspunkten.
[Werbung | ohne Auftrag] Für diesen Beitrag wurde ich nicht bezahlt. Damit kennzeichne ich, wenn ich aus freien Stücken und wahrscheinlich ohne Absprache Werbung für ein Produkt oder einen Hersteller, einen anderen Künstler, eine Veranstaltung, Lokalität, usw. mache und diesen auch verlinke.
[Werbung | in eigener Sache] Sollte ich mal etwas machen, dass beworben werden muss.
Ohne Kennzeichnung werden also wahrscheinlich nur noch “Produktfreie” Artikel sein. Denn bisher sehe ich mich nicht als Dauerwerbesendung, auch nicht meine Arbeiten oder wenn ich den Entstehungsprozess zeige. Ich hoffe sehr, dass Gerichte oder die Landesmedienanstalten sich hierhin gehend bald äussern und Klarheit schaffen.
So. Schön, wenn Ihr es bis hier her geschafft habt. Noch schöner, wenn es Euch etwas Klarheit bringt.
Noch meine Frage an Euch: Wie geht Ihr damit um?
Auch würde es mich interessieren wie ein völlig Aussenstehender diesen „abrupten Anstieg“ von Werbekennzeichnung sieht.
*Bubble: Meine abonnierten Kanäle, Beiträge die auf mich zugeschnitten per Algorithmus angezeigt werden.
Disclaimer: Dies ist keine Rechtsberatung.
Kirsten meint
Liebe Leoni,
lustigerweise sitze ich auch gerade an meinem Blog und habe mit der Überarbeitung begonnen. Ich werde es zukünftig genau wie du handhaben. Materialien auf Fotos werde ich dezent verwenden und keine Marken nennen oder verlinken. Für mich war das bisher auch nur Service, da ja doch immer wieder Nachfragen kommen. Kooperationen hatte ich bisher nur ganz wenige und dann auch nur im Rahmen von PR Samples. Mit diesen Änderungen kann ich durchaus leben. Was mich allerdings nervt ist es, dass ich durchaus oft auch andere Seiten (Blogger-Kolleginnen oder Seiten-Empfehlungen mit weiterführenden Infos) verlinkt habe. Das ist meiner Meinung ja etwas, was schon sehr wichtig ist. Nun ja, ich bin gespannt, wie sich das alles so in der nächsten Zeit entwickelt.
Liebe Grüße, Kirsten
Leoni Pfeiffer meint
Hallo Kirsten,
schön zu hören, dass mein Denken auf gleiches stösst. Ja, das Vernetzen ist wichtig und sollte nicht unter den flachen Oberbegriff Werbung fallen. Ich denke es ist lange überfällig, dass es dafür Regelungen und -wahrscheinlich- neue Wörter gibt. Nur dieser “blinde Aktionismus” nun wild drauf los zu kennzeichnen… ich möchte das nicht so mit machen.
Liebe Grüße zurück!
Angi meint
Liebe Leonie, ich finde schon länger,dass Klarheit in Sachen Werbung auf sozialen Medien geschaffen werden sollte. Allerdings hätte das jetzt nicht durch dubiose Abmahnvereine passieren müssen. Viele Accounts auf Instagram sind mehr und mehr zu Dauerwerbeaccounts ohne Kennzeichnung verkommen. Vielleicht führt dieser ganze Werbeschlamassel auch zu einem Umdenken bei uns Usern. Muss man sich für 3 Stifte oder 5 Aquarellfarben unbezahlt vor die Werbetrommel spannen lassen? Die Firmen haben das gute Gefühl, das ein kostenloses Produktsample zum Testen bei uns auslöst, geschickt genutzt. Von außen betrachtet ein unfairer Deal – Werbung kostet normalerweise viel Geld. Da ich eh schon immer wenig Beiwerk auf meinen Bilder verwendet habe und so gut wie nie verlinke, werde ich einfach so weitermachen wie bisher und hoffe, dass es bald von offizieller Seite Klarheit zu diesem Thema gibt.
Liebe Grüße, Angi
Leoni Pfeiffer meint
Hallo Angi,
ja, wir haben uns da ganz schön vor den den Marketing-Karren spannen lassen, zumindest viele in den Sozialen Medien. Ich gebe zu, ich habe es ja teilweise genauso gemacht. Der Lemmingeffekt lässt grüßen. Aber nur weil “es alle so machen” ist es eben noch nicht richtig oder für uns alle sinnvoll. Daher finde ich es gut, dass nun auch viel darüber gesprochen wird – was ich gar nicht gut finde ist 1. Kennzeichnungen wo nichts zu kennzeichnen wäre, auch nicht diese Spaß-Kennzeichnungen, 2. diese “aber das haben wir immer so gemacht” Haltung mancher die argumentieren, das wäre doch der Sinn von Sozialen Medien und 3. einige die nicht sehen wollen, dass sie nunmal beeinflussen – ob nun beabsichtigt oder nicht. Viele sollten sich mal an die eigene Nase fassen und kritisch mit sich selbst und ihrem Handeln sein. Das ganze Tamtam nun als Chance sehen, Instagram und Co. wieder etwas schöner zu machen.