[Werbung | Rezensionsexemplar]
„Aquarellieren mit Stiften – Unterwegs skizzieren und kolorieren“ ist das dritte Buch vom Urban Sketcher und Reisezeichner Jens Hübner, welches 2018 im EMF Verlag erschien. Mir wurde es freundlicherweise für eine Rezension hier im Blog nach der Frankfurter Buchmesse zur Verfügung gestellt.
Warum es nun so lange gedauert hat bis ich darüber schreibe? Tja, dazu lest das Fazit am Ende dieses Artikels. Aber vielleicht interessiert Euch das Thema „Urban Sketch“ ja doch mehr. Dann solltet Ihr weiter lesen.
Was ist Urban Sketching überhaupt?
Ein neuer Trend? Mitnichten, denn es gibt eine weltweite Community der Urban Sketchers (USk) –laut Wikipedia seit 2007– deren Motto lautet:
„We show the world, one drawing at a time!“
Zu deutsch „Wir zeigen die Welt, Zeichnung für Zeichnung!“
Man zeichnet also das was man sieht, in diesem Moment, an einem Ort irgendwo in der Welt. Es gibt örtliche Gruppen der USk und regelmäßige Treffen genauso wie große Veranstaltungen bei denen gemeinsam gezeichnet wird. Aber es kann natürlich auch jeder für sich selbst zeichnen. Es entstehen sehr unterschiedliche Szenerien ob nun von belebten Städten, Architektur und Landschaften, aber auch Menschen und Veranstaltungen. Dazu gibt es auch ein Manifest, das Ihr hier nachlesen könnt.
Der Autor Jens Hübner stellt sich als Reisezeichner und Urban Sketcher vor, erst danach folgt eher leise, dass er auch Produktdesigner ist. Er ist Dozent, gibt Workshops und Kurse und arbeitet mit verschiedenen Künstler-Firmen zusammen. Ich durfte ihn bereits 2015 auf der Creativeworld bei einem Bloggerevent von Hahnemühle kennen lernen, als er den Bloggern Einblicke in die Welt des schnellen Skizzieren gab. Außerdem zierte seine Illustration den Kalenderwettbewerb von 2016 bei dem ich damals auch ein Motiv eingereicht hatte.
In seinem Buch, das ich hier vorstelle, finden sich vor allem Bilder „von unterwegs“ – Anschauliche Zeichnungen, auch mit dazugehörigen Miniskizzen, mit genauen Beschreibungen von Technik, Herangehensweise und Gedanken dahinter. Es wird einem schnell klar wie Jens Hübner die Welt sieht.
Was genau ist Aquarellieren?
An sich sind das Farben die auf Wasser basieren und deren Bindemittel sich damit lösen lassen. Es geht also um das Vermalen oder Auflösen von Farben (Pigementen) mit Hilfe von Wasser. Verschiedene Materialien, zum Beispiel Aquarellfarben oder Goauche, sind dafür gemacht. Jens Hübner spricht im Buch aber ausschließlich Farben in der Form von Stiften. Aquarell gibt es auch in Holz gefasst, aber auch viele Faserstifte sind gut mit Wasser zu vermalen und lassen sich dadurch mischen (Wer sich mit Handlettering beschäftigt kennt es auch als Blending).
Die Kapitel in „Aquarellieren mit Stiften“ sind nach den verschiedenen Materialien gegliedert – also Stiftarten, die verschiedenen Eigenschaften, vor allem in Bezug auf die Vermalbarkeit mit Wasser, haben sowie unterschiedliche Untergründe. Hinzu kommen Basics wie Linienführung, Farbkombinationen und auch die Handhaltung. Dass viele Stifte nicht dafür gedacht/gemacht sind, mit Wasser aufgelöst zu werden, sieht Jens Hübner als zusätzliches „Feature“. Diese Ansicht gefällt mir.
Frei nach Theodore Roosevelt:
„Tu was Du kannst, mit dem was Du hast, wo immer Du bist.“
Der Autor macht aber deutlich, wie wichtig es ist sich vorab damit zu beschäftigen wie der gewählte Stift reagiert wenn mit Wasser darüber gemalt wird. Löst er sich auf oder nur an? Verändert sich dadurch die Farbe, zum Beispiel bei Schwarz in ein warmes oder ein kaltes Grau? Es wäre ja zu schade, wenn eine detailreiche Zeichnung sich gänzlich auflöst wie zum Beispiel bei vielen Tinten. Der Autor beschreibt immer wieder anschaulich wie er die unterschiedlichen Effekte gezielt einsetzt.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten zu kolorieren. Jens Hübner zeigt viele davon auf, auch welche, die ich gar nicht in Erwägung gezogen hätte. Vor allem macht er klar, dass man nicht alles für Urban Sketching braucht und mit sich rum schleppen muss, sondern sich sein Material klein halten kann. Sei es, wie man mit wenigen Farben mischt, die eigene Farbpalette der Jahreszeit anpasst und Betonungen im Bild erzeugt oder dass man auch mal auf einen ausgedienten Briefumschlag zeichnen kann. Immerhin möchte man unterwegs skizzieren und dafür keinen extra Rollkoffer mit nehmen – wobei ich könnte das sicher…
Außerdem beschreibt er die Pros und Contras verschiedener Stifte für unterwegs. Einen Bleistift kann man zum Beispiel gut an beiden Enden anspitzen und hat so länger etwas davon, auch wenn man keinen Spitzer dabei hat. Er ist auch ein großer Freund der Wassertankpinsel, da man dank ihnen auf ein Gefäß für Wasser (und weiteres Wasser) verzichten kann.
Nach den holzgefassten Stiften, wasserlöslichen Bleistiften und Wachskreiden folgen die wasserlöslichen Filz- und Tuschestifte sowie Marker. Letztere zeigt er in Form von wasserbasierten Stiften mit Pinselspitze – der Lettering Begeisterte erkennt hier den „Gemeinen Brushpen“. Diese Stifte haben bekanntlich einen satten Farbauftrag, es lassen sich schnell größere Flächen einfärben und aquarellieren. Allerdings gibt es große Unterschiede in den Pigmenten, wie Jens Hübner es uns Bloggern auf der insights-x 2018 schön vorführte. Er zeigte damals Pinselstifte in Künstlerqualität und welche Vorteile diese „Watercolour Marker“ gegenüber den eher allgemeinen haben. Im Buch allerdings finden diese hochwertigeren Brushpens keine Erwähnung.
Das Gros der Bilder von Jens Hübner zeigt Landschaften, Architektur und Leben in der Stadt. Gerade dabei wird es deutlich wie er mit den Farben, vor allem aber mit den Stiften umgeht. Mich fasziniert es, wie mit scheinbar wenigen Strichen diese Skizzen entstehen und doch immer Leben darin ist. Außerdem tauchen auch einige Tiere auf von einem Besuch im Tierpark Hamburg. Diese Seiten sind auf einer Doppelseite zusammen gestellt und zeigen wie ein Skizzenbuch im Gesamten thematisch wirken kann.
Warum genießt das Urban Sketching immer mehr Beliebtheit?
Die Kunst des Weglassens –übrigens auch ein Buchtitel von Jens Hübner– ist das was viele am Urban Sketching reizt. Man kann nämlich auch gut Dinge weglassen, die im Bild stören würden. Oder –gerade für Anfänger– man lässt das weg, was man nicht so gut zeichnen kann. Bei mir wären das Menschen und konkrete Personen.
Besonders geht es mir persönlich um die Reduktion auf das Wesentliche im Bild. Der Autor beschreibt das auch an vielen Stellen wie er genau das mit dem Vermalen der Farben erreicht. Wann er Striche auch mal stehen lässt oder im Gegenteil dazu das Wasser richtig in das Papier einmassiert um glatte Farbflächen entstehen zu lassen. Wie Dynamik durch Farbspritzer entsteht und damit ein Bild abrundet.
Die Bilder von Jens Hübner kommen ohne eine Outline-Zeichnung aus, wie ich sie (fast) immer erst zeichne. Leider lasse ich mich dadurch immer schnell verleiten zu viel drum herum zu zeichnen. Dabei sollte man beim Urban Sketching darauf hin arbeiten, wichtige Dinge in den Vordergrund zu holen oder durch verschiedene Techniken zu betonen, in den Fokus zu stellen. Was man durch einen zu ausführlichen, detailreichen Sketch nicht geschafft hat, kann man aber gut beim späteren Kolorieren ausgleichen.
Zum anderen sollte man sich beim Urban Sketching nicht zu sehr in den Details verlieren – auch diese sorgen für eine Betonung, wenn sie gezielt und eher spärlich eingesetzt werden.
Tja wenn… Mir fällt dies noch etwas schwer. Vieles möchte ich zu genau sehen und wiedergeben. Aber vielleicht möchte ich auch gleich zu viel (zu weit weg von meinen sonstigen Arbeitsweisen) und stelle mir selbst die Erwartungen in den Weg.
Mir fehlt oft der Mut zum Weglassen – oder aber ich verliere mich in Details, einfach weil es gerade in diesem Moment so schön ist zu zeichnen.
Daher suche ich Wege das „Weglassen“ zu automatisieren. Zum Beispiel indem ich mit einem eher dicken, groben Stift auf einem eher kleinen Block zeichne. Jens Hübner beschreibt das ähnlich im Kapitel über wasservermalbare Wachskreiden und Pastelle.
Ich habe das zum Beispiel mit einem sehr fetten Fallminenstift und einer Fassade in der Limburger Fußgängerzone versucht. Kolorieren mit Wasser kam wegen dem dünnen Papier leider nicht in Frage.
Mein größtes Problem: Ich komm doch erstaunlich selten vor die Tür. Erst recht in den kalten Monaten, in denen ich mich mit dem Buch besonders beschäftigt habe. Also habe ich mir ein Motiv in den eigenen vier Wänden gesucht: Den Kater schlafend auf der Fensterbank.
Gezeichnet auf einen handlichen Mixed Media Block habe ich mit einem wasserbasierten Pinselstift, diesen teilweise angelöst, Akzente habe ich mit einem Fasermaler und ein klein wenig Schraffur mit dem Bleistift gesetzt.
Mein Fazit zum Urban Sketching Buch “Aquarellieren mit Stiften – Unterwegs skizzieren und kolorieren”
Im Buch von Jens Hübner geht es an sich natürlich um Urban Sketching, konkret um das Arbeiten und Aquarellieren mit Stiften. Es ist optisch ansprechend aufbereitet und der Inhalt wird gut vermittelt.
Sein Stil ist unverkennbar und wird auf jeder Seite wieder deutlich. Ob man selbst in diesem schnellen Stil “nacharbeiten” kann oder will muss man sehen.
Ich stimme dem Autor in seinem Vorwort zu, dass die meisten zwar wenigstens ein paar holzgefasste Aquarellstifte besitzen, aber oft gar nicht so genau wissen wie sie damit arbeiten können und daher es auch nicht oft tun. Jens Hübner sieht aber das große Potenzial in den Stiften vor allem in der „Bequemlichkeit“ des Reisens.
Das Buch beschreibt viele Stiftarten, die für das schnelle Arbeiten und vor allem das im Titel genannte „Vermalen mit Wasser“ geeignet sind. Auch viele, von denen man es nicht gedacht hätte, finden Erwähnung und haben irgendeinen Pluspunkt.
Hinzu kommt die Kombination von wasserfesten Zeichnungen mit den zu vermalenden Farben, die schön beschrieben werden.
Vorneweg geht es um die Farbauswahl, Papiere, Abrieb von Stiften und den Aufbau einer Skizze gefolgt von einem wichtigen Utensil: Dem Pinsel zum Vermalen – genau gesagt wählt der Autor den Wassertankpinsel, den es mittlerweile von vielen Herstellern auch in unterschiedlichen Formen gibt. (Dazu wollte ich längst auch mal einen Artikel schreiben… nunja)
Außerdem zeigt der Autor seine Herangehensweisen bei verschiedenen Situationen (während der Autofahrt, Miniskizzen nur als Vorbereitung für einen Workshop oder Sketch Walk neben den später entstandenen…), die sich gut nachvollziehen lassen ohne dass mehr als die wenigen Worte nötig wären.
Persönlich habe ich dank des Buches alle möglichen Stifte aus meinem Schreibtisch Sammelsurium heraus gekramt (sogar Wachspastelle nenne ich schon über zehn Jahre mein eigen…) um seine Art des Arbeitens zu versuchen. Dabei musste ich mich schweren Herzens von meiner üblichen Art zu Zeichnen lösen, nicht immer erst detaillierte Outlines zeichnen. Sondern eben Schraffieren, Kolorieren und Vermalen ohne eine akkurate Zeichnung nur „auszumalen“. Vorteil: Man muss nicht darauf achten, dass der verwendete Stift für die Outlines auch wirklich wasserfest ist oder die Trocknungszeit abwarten. (Notiz am Rande: Ich steige gerade um auf Füller mit Konverter und wasserfester Tinte, der Umwelt zuliebe – nur für die ganz feinen Linien muss es weiterhin ein Fineliner sein) Kolorieren -bei mir eher als Ausmalen zu bezeichnen- ist und bleibt mein entspannter Teil, wo ich nicht mehr so sehr auf das Motiv als solches achten möchte… Trotzdem haben mir die vielen Versuche mal anders zu arbeiten viel gebracht und ich werde es weiterhin immer wieder machen. Dazu ist das Buch eine gute Anregung und Anleitung.
Was das Buch aber nicht kann, ist was alle Bücher nicht schaffen
Man muss selbst den Stift in die Hand nehmen und zeichnen! Egal was und wo. Das was man sieht. Jetzt. Das gilt wohl genauso für das Kochbuch, die Strickanleitung oder den Fitness-Ratgeber. Man muss es machen!
Mir hat es nicht gereicht dazu das Buch zu lesen und mir immer wieder die Skizzen darin anzusehen. Selbst, dass ich schon bei einem Event-Workshop des Künstlers Gris aus Berlin teilgenommen hatte, war nicht ausreichend. Es bedurfte eines größeren Anlaufs und einem gut organisierten Terminkalender. Und so war ich im Juni endlich bei einem der monatlichen Treffen der USk Mittelhessen!
Dazu in meinem nächsten Blogartikel!
Keine Angst, dieser wird auch nicht so lange auf sich warten lassen. Er ist schon (fast) geschrieben und muss noch noch ein bisschen Feinschliff bekommen.
Nochmals ein Danke dem EMF Verlag für das Rezensionsexemplar von “Aquarellieren mit Stiften”. Es wurde mir für diese Vorstellung kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies geschah ohne Vorgaben und ohne Einflussnahme auf den Artikel durch den Verlag. Es wurde kein Honorar gezahlt. Die hier geschriebene Meinung, egal ob positiv oder negativ, spiegelt meine eigene Einschätzung wieder.
An dieser Stelle möchte ich zum Thema [ Werbung ] und Produktvorstellungen noch etwas los werden. Denn wer in den Sozialen Medien unterwegs ist, wird immer noch mit den abstrusesten Kennzeichnungen konfrontiert. Beim Blick in das Buches fiel mir aber schnell auf, dass konkrete Stifte von konkreten Firmen erwähnt und (in gezeichneter Form) gezeigt werden. Daher meine Frage: Ist damit das ganze Buch eigentlich [ WERBUNG ] ?
Und jetzt ihr? Interessiert am Urban Sketching?
Lust auf einen Workshop – die gibt es zum Beispiel bei den großen Künstlerbedarfsläden oder wenn man mehr Zeit hat bei Artistravel. Sehr interessant finde ich ja sogenannte Sketch Crawls – Gezeichnete Spaziergänge. Oder aber Ihr schaut mal rein bei den regionalen Gruppen der Urban Sketchers. Eine Liste findet Ihr auf deren Blog. Oder –voll easy– Ihr setzt Euch mit Stift und Papier in ein Café Eurer Wahl und zeichnet was Ihr seht. Ihr müsst es ja niemandem zeigen. Ich mach das jetzt jedenfalls öfter!
Infos zum Buch “Aquarellieren mit Stifen – Unterwegs skizzieren und kolorieren”
Autor Jens Hübner
Erschienen im EMF Verlag, 2018
ISBN 978-3-86355-900-7
144 farbige Seiten, Softcover im Format 19*26 cm
UVP 19,99 €
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