Büttenpapier – Schicke Kanten reißen

Büttenrand reissen bei handgeschöpftem Papier aus 100% Bambusfasern

In der Vorbereitung des #offroadARTchallenge Themas für diesen Monat hatte ich sofort ein Papier im Kopf, dass schon eine Weile bei meinen Eltern für mich lagert. 70*100 cm Bogenware von Thai-Papier. Handgeschöpftes Papier aus Bambus.

Büttenrand reissen bei handgeschöpftem Papier aus 100% Bambusfasern

Büttenrand reissen bei handgeschöpftem Papier aus 100% Bambusfasern.

Einen so großen Bogen kann man sich gut in verschiedene kleinere Formate zuschneiden. Ganz nach den eigenen Vorlieben. Je nach Papier und Hersteller spart man dabei auch richtig Geld im Vergleich zum Kauf von fertigen, kleineren Blöcken. Allerdings muss man dann auf die Bequemlichkeit des umseitig verleimten Blockes verzichten und das Papier im besten Fall ordentlich aufspannen. Dazu werde ich vielleicht zu gegebener Zeit eine Anleitung schreiben, aber heute geht es um etwas anderes:

Büttenränder bei Aquarellpapieren

Diese entstehen nur beim Handschöpfen in der Bütte, da sich am Rand des Rahmens während des Prozesses weniger Papierfasern absetzen. Oder aber, sehr ähnlich, in der Rundsiebmaschine, bei der Kupferdrähte eine Art Soll-Bruchstelle im Papier erzeugen. Diese schönen, unregelmäßigen Ränder haben einen besonderen Charme.

Nun ist mein Bogen wirklich zu groß für meine Art zu Zeichnen. Ich möchte ihn also in kleinere Stücke schneiden. Allerdings wünsche ich mir einen Rand, der dem feinen Büttenrand doch wenigstens ähnlich ist. Nach etwas Recherche kam ich zum “Reißen”. Allerdings ist das Büttenpapier aus Bambus, und wenn es auch nur 100 g/qm hat, sehr stabil in der Fläche und lässt sich nicht mal eben Reißen.

Generell ist handgeschöpftes Papier dadurch sehr stabil, dass sich die Fasern im langsamen Prozess der Papierbildung sehr durcheinander ablegen. Im Vergleich dazu ist die Faserrichtung bei Papieren für Druckerzeugnissen durch die hohe Geschwindigkeit der Papiersiebe gerade ausgerichet. Das sieht man ganz besonders gut, wenn man eine Zeitung in Streifen reißt. Von oben nach unten erhält man akurate Streifen (in Faser- oder Laufrichtung), seitwärts bekommt man nur Fetzen zustande. Probiert es mal aus!

Zum Reißen des großen Bogens Büttenpapier benötigt man ein Metall-Lineal, klares Wasser und einen Pinsel.

Zum Reißen des großen Bogens Büttenpapier benötigt man ein Metall-Lineal, klares Wasser und einen Pinsel.

Anleitung zum Büttenränder reißen

Man benötigt dazu nicht viel: Ein Metall-Lineal mit einer scharfen (!) Kante. Keines aus Holz oder Kunststoff, denn diese haben meistens eine abgerundete Kante. Etwas sauberes Wasser und einen geeigneten Pinsel zum gleichmäßigen Auftragen des Wassers. Vielleicht noch einen Bleistift um die Maße anzuzeichnen.

1. Anzeichnen – nach Bedarf. Nur sehr fein, gerade so, dass man die Linie erahnen kann.

2. Wässern mit dem Pinsel das Wasser über die gesamte Länge auftragen. Je nach Papier sollte man schon 2 bis 4 cm breit das Wasser auf dem Büttenpapier verteilen. Das Wasser sollte gut in die Fasern einwirken können, damit sie weich werden.

Schritt eins: die Soll-Reiss-Stelle stark wässern

Schritt eins (oder zwei): die Soll-Reiss-Stelle stark wässern.

Das Echt Büttenpapier gut mit Wasser weichen damit die Fasern sich gleich gut trennen.

Das Echt Büttenpapier gut mit Wasser weichen damit die Fasern sich gleich gut trennen.

Handgeschöpftes Papier hält durch die ungleichmäßige Faserrichtung viel aus, auch viel Wasser.

Handgeschöpftes Papier hält durch die ungleichmäßige Faserrichtung viel aus, auch viel Wasser.

3. Metall-Lineal anlegen und vorsichtig in kleinen Stücken das Papier abreißen. Nicht zu ruckhaft und nicht zu schnell. Es ist gewollt, dass die Reißkante nicht perfekt und ganz gerade wird. Unregelmäßigkeiten machen den “fake” Büttenrand aus.

Je nachdem wie weich das Papier geworden ist und wie die Fasern beschaffen sind, ist es leichter oder schwerer. Einfach mal auf das Gefühl achten und etwas ausprobieren, wie eine Kante entsteht, die Euch gefällt!

Das Metall-Lineal auf den gewässerten Streifen legen und gut festhalten.

Das Metall-Lineal auf den gewässerten Streifen legen und gut festhalten.

Die aufgeweichten und ausgefransten Fasern des Bambus-Papiers nach dem Riss.

Die aufgeweichten und ausgefransten Fasern des Bambus-Papiers nach dem Riss.

Metall-Lineal anlegen, gut festhalten und langsam und bedächtig am Papier ziehen so dass die Kante ausfasernd aufreisst.

Metall-Lineal anlegen, gut festhalten und langsam und bedächtig am Papier ziehen so dass die Kante ausfasernd aufreisst.

Diese Kante war nicht nass genug, dadurch nicht sehr weich und ergab dadurch eine sehr harte Kante

Diese Kante war nicht nass genug, dadurch nicht sehr weich und ergab dadurch eine sehr harte Kante.

Für diese Kante war das Papier stark mit Wasser getränkt, so dass sie auch schön weich aufgerissen ist.

Für diese Kante war das Papier stark mit Wasser getränkt, so dass sie auch schön weich aufgerissen ist.

4. Kanten wässern und “verkneten”. Je nachdem wie nass das Papier beim reißen war, haben sich die Fasern von einander gelöst. Diese, die zu “fusselig” aussehen kann man nun mit Wasser geschmeidig machen und durch den Pinsel oder mit den Fingern wieder zusammen bringen – Knautschen und Gautschen.

Bearbeiten der gerissenen Kanten mit Wasser um die Fasern wieder zusammen zu drücken

Bearbeiten der gerissenen Kanten mit Wasser um die Fasern wieder zusammen zu drücken.

Feinarbeit: Die Fasern an den gerissenen Kanten wieder mit Wasser und Fingern in Form bringen.

Feinarbeit: Die Fasern an den gerissenen Kanten wieder mit Wasser und Fingern in Form bringen.

Fertig. Wer erkennt die echten Büttenränder?

Fertiges Format mit verriebenen Kanten. Wer erkennt die echten Büttenränder?

Fertiges Format mit verriebenen Kanten. Wer erkennt die echten Büttenränder?

Mein verwendetes Papier ist handgeschöpftes “Thai Bamboo” aus 100% Bambus-Fasern. Andere Papiere, erst recht, wenn es keine Büttenpapiere sind, werden sich ziemlich sicher anders verhalten. Hier heißt es “Probieren geht über Studieren”!

Ich werde es demnächst mit anderen Papiern aus dem Block versuchen, zum Beispiel mit dem Echt Bütten “Hahnemühle 200”, auf das ich die Bilder für den Kalender indigoblau² gemalt hatte. Daraus möchte ich auch kleinere Formate bekommen und auch nur einen dünnen Streifen am Rand abreissen. Ich werde berichten, hier oder auch auf meinem Instagram-Kanal.

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Fertige Formate aus dem Bogen handgeschöpften Bambus-Papiers gerissen.

Fertige Formate aus dem Bogen handgeschöpften Bambus-Papiers gerissen.

#Comments (5)

  • 22. Februar 2021
    Anna

    Ist der echte Büttenrand rechts und oben? 😀
    Vielen Dank für die tolle bebilderte Anleitung! Ich wäre wirklich nie darauf gekommen, es mit Wasser zu machen, obwohl das absolut logisch ist!

    • 28. Februar 2021
      Leoni Pfeiffer

      Genau, richtig erkannt 🙂
      Wenn Du es mit anderem Papier versuchst, gib doch mal Rückmeldung ob und wie gut es geklappt hat!

  • 27. Februar 2021
    Review "Neues Paper" in der #offroadARTchallenge › Leoni Pfeiffer

    […] Büttenpapier – Schicke Kanten reißen […]

  • 14. Februar 2023
    Dorothea Kohlweyer

    Liebe Leoni,
    ich nehme mal an, dass Du Dich mit Büttenpapier ganz gut auskennst.Ich bin dabei ein Buch, welches aus festem schwarzen Büttenpapier besteht kaligrafisch zu gestalten. Leider versinken alle Malmittel
    die ich ausprobiere und kommen sehr schwach zur Geltung. Auch Gelstifte etc.
    Vieleich gibt es ja ein Mittel, womit man das Papier vorher behandeln kann?

  • 24. September 2023
    Felkner

    ich finde den Film über das “Reißen”sehr gut beschrieben. will eine Collage mit gerissenen Bild einarbeiten. danke für die Hilfe herzlich G.F.

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