Ein farbenfroher Tag bei Schmincke
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Es war ein Tag im Farbenparadies wozu Schmincke Feinste Künstlerfarben mich nach Erkrath eingeladen hatte. Einmal durch die „heiligen Hallen“ der Produktion gehen und erkunden wie meine geliebten Aquarellfarben entstehen.
Im Foyer empfangen wird man schon von verschiedenen alten Farbtafeln, mehr oder weniger historischen Artikeln wie Malmitteln oder Farbtuben, zwei ausgedienten Maschinen aus der Herstellung und vor allem: einigen Eulen! Hier beginnt unsere Tour und ich erfahre einiges über die Firmengeschichte und Philosophie.
Über das Familienunternehmen H. Schmincke & Co.
1881 wurde das Unternehmen von den Farbchemikern Hermann Schmincke und Josef Horadam in Düsseldorf gegründet.
Etwa 40 Jahre früher hatte der amerikanische Maler John Goffe Rand die Bleitube mit Schraubdeckel für pastose Farben erfunden und patentieren lassen. Dies machte es möglich Farben auch unterwegs einfach zu nutzen.
Die Firmengründer Schmincke nutzen diese Erfindung um ihre eigene Harz-Ölfarbe, nach einer alten Rezeptur wohl weitergegeben durch den florentinischen Kunstprofessor Cesare Mussini, auf den Markt zu bringen.
Dies war der Grundstein für das Unternehmen, gefolgt von der Entwicklung der Aquarellfarben, welche den Beinamen Horadam bekamen. Um die Wende 1800/1900 kamen weiche Pastelle und Gouachefarben hinzu, nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch Künstler-Acrylfarben ins Sortiment aufgenommen. 1974 zog das Unternehmen vom Stammhaus in Düsseldorf nach Erkrath zur heutigen Produktionsstätte.
Heute umfasst das Sortiment von Schmicke Acryl-, Aquarell- und Gouachefarben, Harz-Öl-, Öl- und wasservermalbare Öl-Farben, weiche Pastelle, Farben für Airbrush und Linoldruck, Pigmente und Bronzen sowie verschiedene Malmittel für die jeweiligen Techniken.
Damit erst einmal genug Geschichte!
Und los ging es durch die Hallen. Beginnend mit dem Wareneingang. Ein wichtiger Ort, denn bereits hier wird alles genau auf seine Qualität hin überprüft. Von Anfang an soll sichergestellt werden, nur einwandfreie Materialien zu nutzen für hochwertige Produkte. Im nächsten Raum steht das war direkt Freude macht: Tonnen voller feinster Pigmente in allen Farben!
Bis zu 280 verschiedene Pigmente warten hier darauf je nach Produktion und Rezeptur genau abgewogen zu werden. Jedes Pigment ist anders, feiner, grober, dichter, leichter oder schwerer und hat ganz eigene Eigenschaften. Alle Pigmente stammen aus der chemischen Industrie. Dies stellt sicher, dass die Pigmente mit all ihren Eigenschaften, neben dem reinen Farbeindruck, immer qualitativ gleich sind. Besonderen Wert legt Schmincke dabei auf die Lichtechtheit.
Eine meiner Fragen: Wann werden Farbtöne aus dem Programm genommen?
Die Antwort ist ziemlich simpel: In der Regel wird eine Farbe nur aus dem Sortiment genommen, wenn das Pigment nicht mehr verfügbar ist. Vieles auf unserem Planeten ist nunmal endlich.
Sollte ein Pigment nicht mehr zu haben sein, versucht das Team von Schmincke dafür einen möglichst gleichwertigen Ersatz zu finden. Dieser bekommt dazu später einen neuen Namen oder eine Bezeichnung die kenntlich macht, welche Farbe damit ersetzt wird.
Ein Beispiel dazu sind das alte Chinacridongold PO49 und neu Chinacridongoldton (englischer Zusatz hue) aus den Pigmenten PY150 und PR101. Aber auch Farben die aufgrund ihrer Elemente bedenklich sind, wurden in der Vergangenheit schon ersetzt oder bekamen einen “Zwilling”: so haben unter anderem Kadmiumhaltige Farben Kadmiumfreie Alternativen erhalten, die auch das “Ton” bzw. “Hue” im Namen tragen.
Farben mischen
Nächster Schritt nach dem Zusammenstellen der Pigmente: Zusammenbringen mit dem Bindemittel. Bei Aquarellfarbe ist dies Gummi Arabicum, bei Ölfarbe sind dies verschiedene pflanzliche Öle, die je nach Pigment gewählt werden. Bei der Mussini Ölfarbe wird dem Gemisch auch Harz zugegeben. Alles wird sehr gut vermischt und verrührt.
Interessant zu wissen:
Alle Schmincke Farben werden mit den gleichen Pigmenten hergestellt. Kauft man zum Beispiel eine Tube Horadam Aquarell, enthält auch der entsprechende Napf eben diese! Ebenso verhält es sich zwischen Studienfarben “Akademie” und der “Horadam”, hier werden die Künstlerfarben nur noch aufwändiger verarbeitet und damit noch mehr Zeit investiert.
Die Farbmasse wird sehr ordentlich gerührt bevor sie im nächsten Schritt zwischen drei Walzen verrieben wird. Bis zu vier Mal geht die Masse durch diese Prozedur, die per Hand ausgeführt wird und entsprechend zeitaufwändig ist.
Dabei werden die Pigmente verrieben und ganz gleichmäßig in ihrem Bindemittel verteilt. Bei der noch steifen Ölfarbe sieht man ganz deutlich wie sie nach jedem Durchgang gleichmäßiger und glänzender wird.
Aquarellfarbe durchläuft einen ähnlichen Walzenstuhl, ist dabei aber sehr viel flüssiger als die pastöse Ölfarbe und fließt gleichmäßig in den Bottich.
Die Ölfarben von Schmincke dürfen nach dieser Prozedur mehrere Monate in Eimern „abstehen“, damit sich ein Teil des Öls nach oben absetzt. Dieses Öl wird abgenommen bevor die Farbe in Tuben verfüllt wird um dem Kunden eine Tube zu bieten, bei der nur eine geringe Menge Öl beim ersten Öffnen austritt.
Für Aquarellfarben gibt es eine weitere Möglichkeit neben der Tube: Das Abfüllen der noch flüssigen Farbe in die bekannten Näpfe.
Im Gegensatz zu anderen Herstellern, bei denen trockene Aquarellfarben tablettiert in Näpfe gesetzt werden, wird die Farbe bei Schmincke flüssig verfüllt.
Auch dies ist mit einem immensen Zeitaufwand verbunden: Um eine optimale Füllung der Aquarell-Näpfe zu erhalten, werden diese vier Mal gefüllt. Zwischen jeder Füllung lagern die Näpfe in Trockenschränken bei wohligen 37°C für mehrere Wochen so dass das Wasser verdampft.
Am Ende erhält man ein Näpfchen bis zum Rand konzentriert gefüllt mit Pigmenten, was die Farbe so ergiebig macht.
Weiterer Vorteil der flüssig verfüllten Näpfchen: Die Farbe sitzt fest im Napf und fällt (in der Regel) nicht heraus. Im Gegensatz dazu kann das bei tablettierten Farben, die als kleiner Block in die Näpfe gesetzt werden, schon mal öfter vorkommen. Das wieder richtig Einsortieren um die Farbinfo auf dem Napf zu behalten, kann dann schon schwierig werden. Kleiner Tipp: Mit einem Tropfen Gummi Arabicum lässt sich so ein Block im Napf “festkleben”.
Die Verpackung der fertig getrockneten Näpfe übernimmt heute eine spezielle Maschine.
Früher hingegen stand dafür bei Schmincke eine „Bonbonmaschine“ und das finde ich allzu passend für so etwas Süßes!
Denn ich denke, viele sehen es genauso: Wenn die Näpfe, besonders die halben, mit ihrem Silberpapier und der Banderole verpackt im Regal liegen, dann fühlt man sich wie ein kleines Kind im Bonbon-Laden und wünscht sich zuzugreifen.
Trotz der neuen Maschinen: Es gibt noch viel echte Handarbeit bei Schmincke!
Besonders bei der Herstellung der weichen Pastelle –die während meines Besuchs wegen der Wetterbedingungen leider nicht möglich war– ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Die Farbmasse wird mit einer Schneckenpresse in die Stiftform gebracht, mittels eines Rahmens mit Draht zugeschnitten und dann wiederum völlig getrocknet bevor der Pastellstift, mit einem schützenden Etikett versehen, fein säuberlich in 3er Päckchen zum Verkauf gepackt werden – alles von Hand.
Das Ganze ist notwendig da die Softpastelle aus reinen Pigmenten und so wenig Bindemittel wie möglich bestehen und keine Kreide enthalten. Sie sind unglaublich weich und empfindlich. Daher kann man die Pastelle nicht mit Hilfe von Maschinen weiter verarbeiten. Auch ist jeder Stift ein bisschen anders in seiner Form aufgrund der händischen Herstellung und des Trocknens. Menschen können mit den Pastellen sehr sorgfältig umgehen, auch bei leicht unebenen Stiften. Gebrochene oder gänzlich unbrauchbare können einfach aussortiert werden.
Ein Video zum Herstellungsprozess der Softpastelle hat Schmincke dazu bei YouTube veröffentlicht, wenn Ihr es mal ganz genau sehen wollt. Generell kann ich den Kanal für Hintergrundinfos und Tutorials zu den Produkten empfehlen, genauso wie den Kreativ-Blog auf der Firmenwebseite.
Auch das Befüllen der beliebten Aquarellkästen ist reine Handarbeit. Jeder Napf wird, original verpackt, fein säuberlich in die Halteschienen geklemmt und, mit einer Farbkarte versehen, verpackt. Der Kasten kommt danach in eine Pappverpackung oder erhält einen Pappschuber. Übrigens alles aus der eigenen kleinen Druckerei.
Den Abschluss der Führung durch die Produktion machte der Blick ins Schmincke Labor. Hier wird täglich die Qualitätsprüfung durchgeführt um gleichbleibend hochwertige Farben herzustellen und auf den Markt zu bringen.
Spannender wird es für die Labormitarbeiter sicher wenn es um die Reproduktion von Farben geht, deren Pigmente nicht mehr verfügbar sind und sie nach Alternativen suchen – oder wenn sie neue Produkte entwickeln wie z.B. die im letzten Jahr veröffentlichte Indian Ink nach dem historischen Vorbild oder die ganz neue wasservermalbare Ölfarbe Norma Blue.
Danach ging es in den „Showroom“ in dem neben den aktuellen Verkaufsdisplays verschiedene Vitrinen mit alten, historischen Produkten zu bewundern sind. Außerdem viele verschiedene Bücher über Kunst und Farben – und wäre es meine Mensa (ja, dort gehen die Mitarbeiter auch zum Essen), würde ich wohl ständig darin blättern und schmökern.
Eine herzliches Dankeschön an Schmincke für die Einladung und den wunderbar bunten Vormittag!
Es war inspirierend und unterhaltsam, vom Nerd-Talk mal ganz abgesehen. Das tat so gut, auch weil ich so lange mit meinem Buchprojekt beschäftigt war, dass es einfach an der Zeit war, etwas anderes – ganz anderes – zu sehen. Woran ich auch merke, wie gut es war? Ich habe erstaunlich wenig Fotos gemacht, weil mein Kopf mit zuhören und zugucken beschäftigt war. Ich freue mich sehr darauf bald wieder die Pinsel zu schwingen und Pigmente schwimmen zu lasen.
Und wie geht’s weiter? Tja nun, ich habe mir am gleichen Tag die Kurstermine bei einem hiesigen Künstlerbedarf angesehen und werde (hoffentlich leider nicht) schon nächste Woche einen Tag mit Ölfarben verbringen.
#Comments (2)
Sabine v PeterSilie&Co
Hach ich liebe von so Führung durchs solche Betriebe zu lesen. Da wünsche ich mir so Betriebe dieser, nicht unbedingt nicht nur Produzenten von Künstlerbedarf, würden so wie Schulen Tag der offenen Tür machen.
Und Näpfe, die die getrockneten Tabs nur eingelegt bekommen, sehen rein optisch furchtbar aus, jedes Näpfchen anders, so richtig Hauptsache befüllt, der Rest juckt mich nicht. Aber auch Daniel Smith füllt glaube ich die Farbe direkt ins Näpfchen, aber keine Befüllung gleicht der anderen, absolut kein Vergleich mit Schmincke.
LG Sabine
Leoni Pfeiffer
Ja, Führungen sind immer was Tolles. Durch unseren Oldtimerclub und die jährlichen Treffen mit Tagesprogramm immer wo anders in Deutschland und Schweiz, habe ich schon so viele unterschiedliche Firmen, Produktionen und Museen von innen gesehen. Und bin immer wieder ganz seelig – auch weil einem dabei oft vermeintliche Kleinigkeiten so erklärt werden, dass es Sinn ergibt. Zum Beispiel warum Bier und Wein oft doch nicht vegan sind, wie viel Arbeit Käse und Mozzarella machen und wie viel Liter eine Hochleistungskuh geben kann, wie früher der Bergbau ablief, oder wie die Entwicklung von LKW abläuft. Ich lieb sowas!
Bei Künstlerbedarf sehr interessant: Die beiden Führungen bei Faber-Castell in Stein bei Nürnberg. Wirklich sehr zu empfehlen. Leider wohl nur unter der Woche…