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Im letzten Sommer habe ich einen recht ausführlichen Blogartikel darüber geschrieben, was bestimmte Aquarellfarben aus macht:
“Aquarellfarben mit eigenem Willen” – Die Granulation oder Granulierung
Damals waren von der Firma Schmincke gerade die ersten drei „Supergranulation“ Special Edition Farb-Sets „Gletscher“, „Tiefsee“ und „Galaxie“ herausgekommen und heute möchte ich noch ein wenig genauer darauf eingehen, was diese – und die beiden neuen Farbsets „Wald“ und „Tundra” – zu etwas Besonderem macht.
Nochmal zurück zur Grundlage: Was ist eine granulierende Aquarellfarbe?
Das Granulieren ist der optisch sichtbare Effekt, dass die schwereren Pigmente schneller herab sinken und sich zusammen ziehen, Haufen bilden und damit eine körnige Struktur auf dem Papier entsteht. Diese Eigenschaft haben nicht alle Pigmente und früher wurde es oft als Mangel angesehen. Heute hingegen ist der Effekt regelrecht en vogue.
In so ziemlich jedem Sortiment der verschiedenen Hersteller finden sich granulierende Farbtöne. Typisch sind es Blau- und Erdtöne. Man erkennt sie am Pigmentnamen oder an einer entsprechenden Markierung, meist ein G auf der Tube, der Verpackung oder wenigstens auf der Farbkarte (genauer aufgeschlüsselt habe ich das im Artikel “Auf der Suche nach dem G…”).
Den Effekt der Granulation sichtbar machen
Wie so häufig spielen neben den Pigmenten noch andere Faktoren eine Rolle, wie stark die Granulierung auftritt. Heißt aber auch im Umkehrschluss: Sie lässt sich in einem gewissen Maße steuern und entsprechend stilistisch verwenden.
1. Wasser und Pinsel
Es kommt nicht zwingend auf die Art des Wassers oder des Pinsels an, aber doch darauf, wie wir damit umgehen: Viel Wasser, viel Bewegung und die Pigmente können ihre Eigenschaft voll ausleben. Die Farbe also anfeuchten (im Napf aktivieren), mit dem Pinsel entnehmen und gut auf einer Mischpalette anrühren.
Erst dann geht es auf das…
2. Papier
Der Untergrund ist immer wichtig, denn er steht in direkter Wechselwirkung zu den Farben. Ist das Papier sehr glatt und z.B. heiß gepresst (hot pressed) können die Pigmente zwar gut zu einander finden, setzen sich aber auf der homogenen Fläche auch meistens eben genau so ab – homogen. Saugt das Papier sehr stark das Wasser auf, haben die Pigmente nicht so viel Zeit zu „wandern“. Bleibt das Wasser aber einen Moment auf dem Papier stehen, können die Pigmente gut zusammen finden. Hat das Papier eine stärkere Struktur und Tiefen in denen sich die Pigmente regelrecht zusammen setzten können, entstehen nochmals ganz andere optische Effekte.
3. Fläche
Umso größer die Fläche, desto besser kann der Effekt entstehen. Natürlich auch, weil man mit viel mehr Wasser arbeiten kann. In feinen Linien ist es entsprechend fast unmöglich, die Granulierung sichtbar zu machen.
Was sind nun “Supergranulierende” Aquarellfarben?
Die Farben der Special Edition Sets „Supergranulierende Farbtöne“ von Schmincke bestehen aus mehreren granulierenden Pigmenten. Es wurden verschiedene Farben kombiniert, die durch ihre unterschiedlichen Eigenschaften einen eindrucksvollen Farbeindruck ergeben.
Ähnlich wie bei der im Artikel “Eine kleine Serie mit Moonglow“ beschriebenen Farbe von Daniel Smith, geht es dabei nicht allein um das Granulieren, sondern auch darum wie die Pigmente sich beim Malen verhalten.
Im Gegensatz zu sonst von Künstlern häufig gefragten Mono-Pigmentfarben, sind hier also bereits zwei oder sogar drei Pigmente in einem ausgewählten Verhältnis zusammen gemischt. Und alle diese Pigmente bringen bei den Farben von Schmincke die Eigenschaft der Granulation mit, die einen etwas mehr, die anderen etwas weniger – perfekt aufeinander abgestimmt würde ich meinen. Daraus ergibt sich die Supergranulation!
Schlüsselt man die einzelnen Farbtuben nach ihren enthaltenen Pigmenten auf erhält man folgende Listen:
Farbset TIEFSEE (2020)
Name | Pigmente | Pigment 1 | Pigment 2 | Pigment 3 |
Tiefsee Violett | PB29, PBr33 | Ultramarinblau | Mahagonibraun (Zink-Eisen-Chromite Braun) | - |
Tiefsee Indigo | PV62, PG18 | Kobaltviolettton Apatit | Smaragdgrün „Viridian“ (Chromoxidhydrat) | - |
Tiefsee Blau | PG50, PV16, PB29 | Kobalttürkis (Kobalt-Lithium-Titan-Zinkoxid) | Manganviolett (Mangan-Ammonium-Phosphat) | Ultramarinblau |
Tiefsee Grün | PG18, PB29 | Smaragdgrün „Viridian“ (Chromoxidhydrat) | Ultramarinblau | - |
Tiefsee Schwarz | PBk11, PB74, PB35 | Eisenoxid Schwarz „Mars Black“ | Kobaltblau dunkel (Kobalt-Zink-Siliciumoxid Spinell (Co, Al)) | Kobalt Azur / Blaugrün (Kobalt-Zinn-Spinell) |
Farbset GLETSCHER (2020)
Name | Pigmente | Pigment 1 | Pigment 2 |
Gletscher Blau | PB29, PG50 | Ultramarinblau | Kobalttürkis (Kobalt-Lithium-Titan-Zinkoxid) |
Gletscher Türkis | PG50, PV16 | Kobalttürkis (Kobalt-Lithium-Titan-Zinkoxid) | Manganviolett (Mangan-Ammonium-Phosphat) |
Gletscher Grün | PR233, PG50 | Potters Pink (Zinn-Chrom-Silikat) | Kobalttürkis (Kobalt-Lithium-Titan-Zinkoxid) |
Gletscher Braun | PBr6, PG26 | Eisenoxidbraun | Kobaltgrün tief (Kobald-Chromoxid-Spinell) |
Gletscher Schwarz | PBk11, PB35 | Eisenoxid Schwarz „Mars Black“ | Kobalt Azur / Blaugrün (Kobalt-Zinn-Spinell) |
Farbset GALAXIE (2020)
Name | Pigmente | Pigment 1 | Pigment 2 |
Galaxie Rosa | PV16, PBr33 | Manganviolett (Mangan-Ammonium-Phosphat) | Mahagonibraun (Zink-Eisen-Chromite Braun) |
Galaxie Violett | PR233, PB29 | Potters Pink (Zinn-Chrom-Silikat) | Ultramarinblau |
Galaxie Blau | PG50, PB29 | Kobalttürkis (Kobalt-Lithium-Titan-Zinkoxid) | Ultramarinblau |
Galaxie Braun | PG18, PB29 | Smaragdgrün „Viridian“ (Chromoxidhydrat) | Ultramarinblau |
Galaxie Schwarz | PBK11, PB29 | Eisenoxid Schwarz „Mars Black“ | Ultramarinblau |
Farbset TUNDRA (2021)
Name | Pigmente | Pigment 1 | Pigment 2 | Pigment 3 |
Tundra | PR233, | Potters Pink | Erdpigment Umbra grünlich | Natural Yellow Iron Oxide |
Tundra Rosa | PB29, | Ultramarinblau | Potters Pink (Zinn-Chrom-Silikat) | - |
Tundra Violett | PB29, | Ultramarinblau | Eisenoxidbraun | - |
Tundra Blau | PB29, | Ultramarinblau | Erdpigment Umbra grünlich | - |
Tundra Grün | PBr6, | Eisenoxidbraun | Kobaltgrün rein | - |
Farbset WALD (2021)
Name | Pigmente | Pigment 1 | Pigment 2 | Pigment 3 |
Wald Olive | PBr7, PY43, PG18 | Erdpigment Umbra grünlich (alternativ Kastanienbraun) | Natural Yellow Iron Oxide | Smaragdgrün „Viridian“ (Chromoxidhydrat) |
Wald Grün | PG19, PBr33 | Kobaltgrün rein (Kobalt-Titan-Nickel-Zinkoxid) | Mahagonibraun (Zink-Eisen-Chromite Braun) | - |
Wald Blau | PB36, PBk11 | Kobaltcoelin (Kobaltmischphasenpigment) | Eisenoxid Schwarz „Mars Black“ | - |
Wald Braun | PG26, PBr7, PY43 | Kobaltgrün tief (Kobald-Chromoxid-Spinell) | Erdpigment Umbra grünlich (alternativ Kastanienbraun) | Natural Yellow Iron Oxide |
Wald Grau | PBr7, PG50, PBk11 | Erdpigment Kastanienbraun (alternativ Umbra grünlich) | Kobalttürkis (Kobalt-Lithium-Titan-Zinkoxid) | Eisenoxid Schwarz „Mars Black“ |
Eine ausführlichere Liste mit weiteren Farbnummern, unter anderem zum selbst mischen, könnt Ihr Euch hier als >> Freebie herunterladen.
Mit Hilfe dieser lassen sich auch die Farben anderer Hersteller vielleicht ein bisschen besser “entschlüsseln” und dann dazu mischen. Natürlich immer unter Vorbehalt von Irrtümern, Änderungen und so weiter…
Schaut man sich die Listen an, stellt man fest: beliebt ist das Ultramarinblau (die granulierende “Französisch” Version natürlich, nicht das synthetische „Feinst“ von Schmincke), verschiedene Oxide, Kobalttöne und Potters Pink. Alles typische Pigmente, die die Eigenschaft der Granulierung mitbringen.
Mir hat schon, als die ersten Farben als Einzeltuben zu haben waren, die Pigment-Inhalts-Liste geholfen mich für ein paar zu entscheiden (Auch wenn mein Herz natürlich bettelte „Du willst sie doch alle haben!“), von denen ich ausging, auch passende Motive zu malen. Nach nun gut einem Jahr sind noch weitere Tuben in meiner Sammlung angekommen und diese Gedanken beim Aufdröseln der Pigmente entstanden:
Selbst granulierende Farben mischen
Das geht natürlich auch! Generell bin ich ja ein großer Freund von Experimenten. Und damit auch davon Farben zu mischen. Es war also schon lange klar, dass ich versuchen würde, die Mischungen aus den Tuben aus Mono-Pigementfarben mit der Eigenschaft des Granulierens zu erreichen.
Gerade granulierendes Ultramarinblau habe ich seit dem letzten Sommer en masse (wer den Artikel zu Ende gelesen hat, weiß warum) und kann daher schön ausprobieren. Es lag also nahe, dass ich mir zuerst „Tiefsee Violett“ und „Galaxie Violett“ vorgenommen habe um diese zu mischen. Das Ultramarin ist ein rötliches Blau und wird hier mit Mahagonibraun bzw. Potters Pink gemischt. Mit ein bisschen (mehr) Übung, viel Wasser und einer großen Mischfläche ist es möglich ein ähnliches Verhältnis zu finden, vor allem bei helleren Tönen. Bei den dunkleren fiel es mir bisher schon eher schwer. Dann wird es eben ein blaueres oder brauneres.
Und genau das ist der „Vorteil“ gegenüber der fertigen Farben von Schmincke. Man kann sie selbst noch in die eine oder andere Richtung bringen. Oder auch der „Nachteil“, denn gerade wenn man größere Flächen gleichbleibend kolorieren möchte, ist es nicht so einfach immer das gleiche Mischverhältnis für den gewünschten Effekt zu erreichen.
Dass das Mischverhältnis wichtig ist, zeigen die beiden Farben „Galaxie Violett“ und „Tundra Rosa“. Beide beinhalten die Pigmente PB 29 (Ultramarinblau) und PR 233 (Zinn-Chrom-Zilikan, Potters Pink, was auf älteren Tuben noch falsch mit PBr 233 angegeben ist). Vermalt sehen sie sich zwar ähnlich und sind doch ganz unterschiedlich im Farbeindruck.
Direkter Vergleich: Granulierende und Supergranulierende Farben
Ich habe ein Motiv zwei mal gemalt: Einmal mit verschiedenen granulierenden Farbtönen und dem Versuch diese zu mischen und einmal mit den Supergranulierenden Farben. Was meint ihr, habe ich es geschafft ähnliche Effekte zu erreichen?
Ein Oktopus-Auge gemischt aus verschiedenen Monopigment-Farben verschiedener Hersteller: alle verwendeten Farben sind granulierende Farbtöne. Die einen mehr (Schmincke Mahagonibraun, Van Gogh Eisenoxidschwarz), die anderen etwas weniger (Winsor & Newton Aqua Green und Kobalttürkis).
Das gleiche Motiv mit verschiedenen Supergranulierenden Schmincke Horadam Aquarellfarben:
Die beiden Illustrationen im direkten Vergleich:
Apropos Mischen
Eine meiner ersten Tuben aus 2020 (also “Erste Serie”) brachte erstmal nur vom Gummi Arabicum heraus, das Bindemittel getrennt von den Pigmenten. Diese sogenannte Serumbildung geschieht schon mal wenn eine Tube lange liegt. In der Regel lässt sich das Bindemittel wieder gut mit den Pigmenten vermischen und man kann die Farben weiter verwenden, wenn das Verhältnis stimmt.
Dies habe ich bei meinem „Gletscher Schwarz“ auch zuerst versucht, doch wie ich vom Schmincke Labor-Team erklärt bekam, auch die Pigmente in der Tube können sich natürlich absetzen. So wie sie es auch beim Granulieren machen, die großen, schwereren mehr als die leichteren. So kam aus meiner Tube erstmal nur Bindemittel gefolgt von schwarzen Pigmenten. Vom hellen Blau war nur wenig zu sehen.
Ich habe es mit einer „leichten Massur“ der Tube versucht, vorsichtiges Drücken und Schieben um die Tube nicht zu beschädigen. Und siehe da, nach und nach kam nicht nur Gummi Arabicum aus der Tube, sondern auch wieder „gemischte“ Pigmente, die ganz normal zu vermalen sind und: Schön granulieren.
Was lernen wir daraus: Kauf die Farbe nicht nur, nutze sie auch!
Für mich heißt es jetzt vor allem: Mal wieder die eigene Farbsammlung durch sehen. Womit könnte ich als nächstes malen, was könnte interessant sein um es zu mischen?
Schmincke Horadam Special Edition Supergranulation
Vorteile
- Fertige Farbe ohne Mischen zu müssen
- Ausgewogenes Verhältnis zwischen den Pigmenten
- Fertige Mischung für größere Flächen oder auch immer gleichen Farbeindruck über verschiedene Bilder hinweg
- Weniger Tuben in der Sammlung
Nachteile
- Weniger Experimente (dabei lernt man hier doch so viel!)
- Preis: legt man stumpf den jeweiligen ml-Preis zugrunde, bekommt man mitunter für das gleiche Geld mehr Farbe(n)
Selbst mischen mit einzelnen Farben
Vorteile
- Mehr Spielraum in der Farbe durch selbstgewähltes Mischverhältnis
- Monopigmentfarben auch einzeln nutzbar
- Preis-Leistungsverhältnis (pro ml bei Tubenfarben)
Nachteile
- Viele Tuben und/ oder Näpfe nötig
- Wissen, welche Farben gut zusammen passen
- Je nach Hersteller granulieren Farben unterschiedlich stark, da die Pigmentgröße auch von der Verarbeitung abhängig ist
Mein persönliches Fazit: Ich muss mehr mischen!
Einfach weil es mir Spaß macht, den Pigmenten beim gemeinsamen Tanz zuzusehen. Weil ich dabei lerne. Ich hoffe sehr mit diesem Artikel dem ein oder anderen eine Hilfestellung gegeben zu haben, eine Unterstützung bei der Entscheidung, welche Farbe genau etwas für ihn ist, und ich hoffe auch, niemandem den Spaß an den Special Edition Farben verdorben zu haben. Das war nicht meine Intention! Denn ich liebe die Farben sehr und ohne Schmincke wäre ich kaum auf die Idee gekommen selbst zu experimentieren.
Was bist Du?
Team “Wir mischen uns die Welt Widdewidde wie sie uns gefällt” oder Team “Ich muss sie alle haben!” Lass es mich wissen, was Dich sonst noch zu Farben interessiert.
Weitere und einen neueren Artikel zu Granulation und den Schmincke Special Edition Farben findest Du hier
Weitere Artikel im Blog zum Thema Farben findet Ihr hier
Ein kleiner Dank wieder an das Schmincke Labor, welches mir bei meinen Fragen wieder so viel Auskunft gab.
Levinia Csehan meint
Hallo Leonie,
Ich bin sehr beeindruckt und begeistert von deiner Seite! Ich war auf der Suche nach gut verständlichen informationen zu den eigenschaften einzelner Pigmente und habe hier bei dir die besten Beiträge dazu gefunden. Vielen dank das du dein Wissen kostenlos und für den laien verständlich aufbereitet und zusammengefasst zur Verfügung stellst.
Ps: heftig wie geil du malst 😍